5. Mai, Europäischer Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung – Demonstration

Anlässlich des 5. Mai, dem Europäischen Protesttages zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung, nahmen Mitglieder der MS SHG Marburg-Biedenkopf am 27.04.2024 am Aktionstag teil.

Dieses Jahr gab es einen Demonstrationszug vom Gelände der Vitos Klinik in Marburg-Cappel, ehemals Landesheilanstalt, zum Landratsamt des Kreises Marburg-Biedenkopf. Rund 300 Menschen mit und ohne Behinderung, darunter der Oberbbürgeremeister Dr. Thomas Spies und die Sozialdezernentin der Stadt Marburg Kirsten Dinnebier,  zogen vom Ort der Geschichte zum Ort der aktuellen politischen Gestaltung. Begleitet wurde der Zug von einem symbolischen grauen Bus. In grauen Bussen wurden Menschen mit Behinderung, damals sogenannte Balastexistenzen, auch aus der Landesheilanstalt Cappel, nach Hadamar verbracht und dort ermordet.

Anlass der Demo ist der Rechtsruck in der Gesellschaft und damit in der Politik. Menschen mit Behinderung waren während des Nationalsozialismus schon kurz nach Machtergreifung bedroht durch das Gesetz zur „Verhütung erbkranken Nachwuchses“. Rund 400.000 Zwangssterilisationen wurden ab 1934 auf dem Reichsgebiet vorgenommen, 5.000 sind an den Folgen der Operation verstorben. 300 der Zwangssterilisationen wurden in Marburg, auch auf dem Gelände der Landesheilanstalt in Cappel, durchgeführt . Das klingt nach Geschichte, aber erst 2007 wurde das Gesetz zu einem Unrechtsgesetz erklärt und erst ab 2011 wurden die Opfer entschädigt, also 3 Jahre nach Ratifizierung der UNBRK. Grund genug die in der UNBRK verbindlichen Rechte der Menschen mit Behinderung als Forderung vor das Parlament, vor den Kreistag zu tragen.  Dort waren neben den 30 Artikel der Menschenrechte auch 2 Rollup aufgestellt mit Artikel 3 des Grundgesetzes. Ein Rollup wurde als Geschenk an den Landkreis übergeben, damit, wie Bernd Gökeler, Leiter der MS SHG Marburg-Biedenkopf es formulierte, die Politiker*innen die hier ein und ausgehen wissen, welche Rechte sie zu schützen aber auch zwingend umzusetzen haben. Inklusion ist das gute Recht von Menschen mit Behinderung und eben nicht wie von Rechts behauptet eine Ideologie und ein Irrweg. Unbehinderte Demokratie setzt unbehinderte Teilhabe voraus. Die Lehre aus der Vergangenheit muss sein, daß nie wieder Menschen das Recht haben dürfen, anderen Menschen das Menschsein abzusprechen, so Gökeler.

Foto: von links Landrat Jens Womelsdorf, Kreistagsvorsitzender Detlef Ruffert
Q.: Landkreis Marburg-Biedenkopf

 

 

 

 

 

Eine aktuelle Studie der Universität Tübingen zum Katastrophenmanagement sieht selbst wenn es um Leben oder Tod geht die Rechte der Menschen mit Behinderung als unzureichend umgesetzt. Die 12 Todesopfer von Menschen mit Behinderung im Ahrtal waren leider keine ausreichende Lehre.
Gesprochen haben auch der Landtagsabgeordnete Dirk Bamberger, der Kreistagsvorsitzende Detlef Ruffert, Amélie Methner EX-IN Hessen, Claudia Klee Paritätischer Hessen, Horst Viehl Lebenshilfewerk Marburg. Besonders emotional fesselnd und mit großem Beifall begleitet waren die aufrüttelnden Worte und die Forderungen nach gleichberechtigter Teilhabe von Manuel Fichtner von FaBiKu der Lebenshilfe Marburg der sein Gedicht über die Dummheit vorgetragen hat:

Die Dummheit

Dummheit die sich als Einfalt zeigt die liebe ich.
Sie nennt den Augenblick und staunt.
Fragt nicht woher fragt nicht wohin.
Sie staunet nur.
Beim ersten staunen schon.
Da wird sie klug.
Und ahnt es nicht                                Manuel Fichtner

 

 

Artikel: Bernd Gökeler

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